10.09.2011

Im Tal der wilden Rosen

Von Godi Huber
Überwachungskameras dürfen aus Gründen des Datenschutzes keine privaten Räume überwachen. Wenn doch, würden sie diese Geschichte erzählen: Herr H, der korrekte Herr mit dem Aktenkoffer, dem Sexheftli und der Blasenschwäche, den wir aus früheren Wegwerfgeschichten kennen, hat noch eine andere Schwäche.
   Immer am Sonntag Abend, wenn der Montag Morgen vor der Tür steht, überfällt ihn die Sentimentalität. Dann schaltet er den Fernsehapparat ein und schaut zusammen mit Frau H einen Film über Liebe und Tragik. Das Epos heisst IM TAL DER WILDEN ROSEN und beginnt damit, dass sich zwei sehr nette Menschen kennen und lieben lernen. 
   Heute Sonntag Abend sind es Raquel und Daren. Dann geschieht ein Unglück und zum Leidwesen von Herr und Frau H taucht auch noch ein ganz böser Ex-Verlobter auf dem Bildschirm auf. Die Liebe in den Weiten des Wilden Westens droht zu zerbrechen, bevor sie richtig erwacht ist. Doch spätestens nach 85 Minuten geschieht das Wunder und Raquel und Daren fallen sich um den Hals, um in der 89. Minuten zu heiraten. Eine warme Frauenstimme aus dem Off erzählt in der 90. Minute, dass Raquel und Daren noch viele, viele Jahre mit vielen Kindern glücklich auf der Ranch lebten. Im TAL DER WILDEN ROSEN gibt es keine Nachspielzeit. 
   Dann schaltet Herr H den Fernsehapparat aus und geht zusammen mit Frau H ins Bett. Im Wissen darum, dass er soeben das erste und letzte Happy End der alten und neuen Woche gesehen hat. Darum darf Herr H das TAL DER WILDEN ROSEN am Sonntag Abend auf gar keinen Fall verpassen.

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