15.07.2011

Wegwerfgeschichte

Von Godi Huber
Herr H ist unlängst eine Geschichte widerfahren. Nicht besonders tragisch. Nicht wirklich heiter. Eher sonderbar. Weiteres soll dazu an dieser Stelle nicht geschrieben werden. Mehr interessiert uns, was danach passiert ist.
   Herr H hat die Geschichte niedergeschrieben, wie er das hin und wieder macht. Die Geschichte schien ihm nicht besonders gelungen. Eine Wegwerfgeschichte eben. Er deponierte das vollgekritzelte Papier auf der Bank an der Bushaltestelle. Vielleicht, dachte Herr H, mochte jemand mit der Geschichte die Zeit bis zum nächsten Bus totschlagen. Im besten Fall. 
   Vielleicht trug der Wind das Papier fort, in den nahen Fluss. Dann würde der Zettel in den See hinter den Bergen geschwemmt und sich dort in Nichts auflösen. Nicht weiter schlimm, dachte sich Herr H, als er mit dem Bus nach Hause fuhr. 
   Drei Tage später ist die Geschichte vergessen. Da liegt ein Kuvert im Briefkasten von Herrn H. Im Kuvert steckt die weggeworfene Geschichte. Sie habe gesehen, wie er einen Zettel bei der Bushaltestelle vergessen habe, schreibt Frau A, eine entfernte Bekannte von H in der Begleitnotiz. „Da es sich um ein wichtiges Dokument handeln könnte, gebe ich Ihnen das Papier auf diesem Weg zurück“, lässt Frau A ausrichten.

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