09.11.2013

Die stürmische Fahrt

Von Nicole Michel
Wie jeden Abend fuhr ich mit dem Bus 104 die Strecke vom Hauptbahnhof Bern nach Meikirch Post, so auch heute. Wie immer, die gleichen Leute, stickige Luft.


Der Chauffeur grüsste die Fahrgäste freundlich und gerade als er losfahren wollte, stieg noch eine französisch sprechende Dame dazu. Nach Seedorf (die Endstation) und retour, ein Ganzes, 1/2-Tax, sagte sie in schönstem Französisch. Doch verstanden hat der Chauffeur leider nichts und sagte im breitesten Berndeutsch „ig verstah öich nid“. Ich musste schmunzeln ab so viel Ehrlichkeit. Die Frau bezahlte dann was der Chauffeur verstand.

Er musste nämlich jetzt losfahren. Das war für heute sein letzter Kurs. Er war schon voller Vorfreude; seine Freundin kam heute Abend nach Bern und wartete um 20 Uhr auf ihn beim Busbahnhof. Er freute sich mittlerweile schon wie ein Helikopter mit durchdrehenden Rotoren. Das merkte ich vor allem daran, dass die Fahrt wilder war als sonst, die Kurven noch ein bisschen runder gefahren wurden und er bei jeder Haltestelle noch die Bordsteine mit den Reifen küsste. „Ach was soll’s“ dachte er (und ich grad mit) „Pneu hin oder her“ und fuhr den beschwingt, rasanten Abendkurs weiter.

Die zwei kannten sich ja erst seit ein paar Monaten. Ja, da ist alles noch aufregend und prickelnd. So hat ihm auch jeder Fahrgast das Rumpeln nach dem Touchieren der Bordsteine sichtlich verziehen. Auch der rasante Fahrstil von heute Abend war nicht weiter schlimm, nein, der hatte sogar seinen Reiz, so denke ich in Zukunft beim Parkieren und gleichzeitigen Touchieren der Bordsteine nicht mehr an die armen Pneus und wie mein Mann als Beifahrer wieder herrlich fluchen würde, nein, ich denke dabei an zwei Liebende die sich irgendwo gerade treffen.

Und heute Abend sage ich dem Chauffeur mit einer etwas anderen Bedeutung als sonst „e schöne Abe no“ - ob er wohl was gemerkt hat?

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